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Das Ende der Unschuldsvermutung

Kürzlich sah sich der deutsche Comedian Luke Mockridge mit der öffentlichen Behauptung seitens einer Ex-Partnerin konfrontiert, er habe sich während der Beziehung ihr gegenüber körperlich übergriffig verhalten. Erwartbar wäre als Reaktion die Anregung gewesen, den Vorwürfen nachzugehen, auch wenn der gegenüber dem Sender Sat.1 geäußerte Wunsch, dieser möge mögliche Straftaten aufklären, eine völlige Unkenntnis des Rechtssystems belegt. In den sozialen Medien wurden allerdings Stimmen laut, sein Arbeitgeber solle ihn umgehend entlassen. Mit #KonsequenzenfuerLuke entstand ein eigenes Hashtag, mit dem der Sender massiv unter Druck gesetzt wurde. Das Online-Scherbengericht hatte sein Urteil gefällt. Der Sender reagierte mit einer Stellungnahme, in der es hieß, es gebe „aus guten Gründen“ kein Verfahren gegen den Künstler und man hielte es für eine moderne Form der Lynchjustiz, jemanden aufgrund von Gerüchten an den Pranger zu stellen. Das sei nicht mit dem eigenen Rechtsverständnis vereinbar. Diese Worte überraschten in ihrer Deutlichkeit. Im aktuellen Klima reichen oftmals bloße Behauptungen, damit eine Institution einknickt. Auch die „Spiegel“-Kolumnistin Margarete Stokowski beschäftigte sich in einem Beitrag unter anderem mit diesem Fall: „Wer erklärt, dass eine …

Schon von „BPoC“ gehört?

In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass Entwicklungen und Debatten, die in den sozialen Medien entstehen, ihren Weg in die Gesellschaft finden. Es wurde ebenso offenbar, dass bisher vor allem Populisten, Radikale und Extremisten diese Plattform für sich zu nutzen verstehen. Ihr Erfolg ist auch dadurch zu erklären, dass moderate Diskutanten vom destruktiven Diskussionsstil abgestoßen sind und sich zurückziehen. So bleibt vieles nicht nur unwidersprochen, sondern auch unbemerkt. In letzter Zeit liest man häufiger, nun sei es langsam genug mit der Berichterstattung über Identitätspolitik. Dabei wird verkannt, dass diese Debatte gerade erst beginnt. In den letzten Jahren konnte sich in Teilen der öffentlich-rechtlichen Medien, der Universitäten und der Nichtregierungsorganisationen eine intellektuelle Subkultur etablieren, die die Errungenschaften der Aufklärung und auch gesellschaftliche Übereinkünfte durch Gruppendenken zu ersetzen versucht. Das Grundgesetz sowie staatsbürgerliche Rechte und Pflichten, die für jeden gelten, werden immer häufiger infrage gestellt. Forderungen nach einer besonderen Behandlung auf Basis der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe werden mit wachsender Aggressivität gestellt. Weitgehend ohne Wissen der Öffentlichkeit wurden intransparente Strukturen geschaffen, die nicht selten staatlich finanziert …