Am 22.06.2023 war ich als Diskussionsteilnehmer bei der Veranstaltung „DMS CAMPUS im Dialog: ‚Zugehörigkeit‘ in der deutschen Migrationsgesellschaft“ eingeladen. Trotz teilweise großer Meinungsunterschiede wurde zivilisiert debattiert. Ich habe das als Gewinn empfunden und wurde in meiner Meinung bestätigt, dass es keine Alternative zum Dialog gibt. Die Tendenz des Abschottens in Meinungsblasen und die Markierung Andersdenkender als Feinde beobachte ich nach wie vor mit großer Sorge. Offener Diskurs und fairer Streit sind wichtige Werkzeuge, um demokratiefeindlichen Bewegungen jeglicher Couleur den Boden zu entziehen.
Walter Scheel hat es einmal umrissen:
„Demokratisch ist es, dem anderen zuzuhören, seine Meinung zu erwägen, das, was einem selbst einleuchtet, zu akzeptieren und gegen das Übrige, unter ständiger Wahrung des Respekts vor der Person des anderen, seine Gegenargumente vorzubringen.“
Genau das hat sehr gut funktioniert. Bleiben wir im Gespräch!
Ich habe im Rahmen der Deutschlandfunk-Sendung “Streitkultur” mit Maryam Aras über die Frage diskutiert, ob die Woke-Bewegung die Demokratie bereichert.
„Die Woke-Bewegung versuche, der Mehrheit ihre Vorstellung aufzuzwingen, kritisiert der Publizist Marcel Peithmann. Gleichberechtigung setze ein Umdenken der Mehrheitsgesellschaft voraus, meint hingegen die Literaturwissenschaftlerin Maryam Aras.“
Das Konzert von Ride im Februar 2020 war nicht nur der Auftakt meiner Tätigkeit für dieses Medium, es war auch eines der letzten Konzerte, die ich besuchte, bevor die Pandemie erst einmal alles lahmlegte. Nun war die Gruppe anlässlich des 30-jährigen Jubiläums ihres Albums „Nowhere“ erneut in der Stadt.
Der Abend begann mit einer Überraschung während der Fahrt zum Veranstaltungsort: Ich schaute kurz auf mein Mobiltelefon und sah, dass Ride als erstes spielen würden. Gut, dass ich nicht zu den Menschen gehöre, die Vorgruppen regelmäßig ausfallen lassen. In dem Fall hätte ich den Auftritt nämlich verpasst.
Die Band arbeitete sich leidenschaftlich durch ihr im Jahr 1990 erschienenes Debütalbum und bewies erneut die Zeitlosigkeit ihrer Songs, die nichts von ihrem Esprit verloren haben. Ob nun „Seagull“, „Paralysed“, „ChelseaGirl“, „Vapour Trail“ oder eben „Nowhere“: Diese Klassiker hätten gestern geschrieben worden sein können.
Das altersmäßig überraschend diverse Publikum dankte es der Band mit einer Begeisterung, die selbst in Berlin ungewöhnlich ist. Viele der Zuschauer waren noch nicht geboren, als „Paralysed“ und andere Stücke den Soundtrack zu meiner heimlichen Verehrung eines Mädchens aus der Parallelklasse lieferten. Es ist immer wieder schön zu sehen, dass gute Musik über mehrere Generationen funktioniert.
Dieser Text erschien am 20.12.2022 bei “The Clubmap”.
Seit dem 07.10.2022 sind in der Berlinischen Galerie zwölf Werke der klassischen Moderne als Leihgabe der Stiftung Berliner Stadtmuseum zu sehen. Die Bilder von Max Beckmann, Theo von Brockhusen, Lovis Corinth, Ernst Ludwig Kirchner, Walter Leistikow, Max Liebermann, Edvard Munch und Lesser Ury wurden in die Dauerausstellung „Kunst in Berlin 1880-1980“ integriert.
Auf diese Weise sind sie während der Sanierungsarbeiten am Märkischen Museum, wegen derer das Stadtmuseum ab 2023 für voraussichtlich vier Jahre schließen wird, der Öffentlichkeit weiterhin zugänglich. Die Auswahl wurde von Thomas Köhler (Direktor Berlinische Galerie) und Paul Spies (Direktor Stadtmuseum Berlin) getroffen. Nach eigener Aussage war man sich schnell einig.
Köhler betonte im Rahmen der Presseführung wie wichtig es sei, dass die Häuser einer Stadt ihre Ressourcen gemeinsam nutzen und wie gut die Sammlungen zusammenpassten. Paul Spies wies darauf hin, dass einige der diskutierten Stücke aus dem ehemaligen „Berlin Museum“ stammen, das sich bis 1995 in der Straße „Am Berlin Museum“ befand. Nur einen Steinwurf von der Berlinischen Galerie entfernt.
Neben den beiden Direktoren erläuterte auch Christine Heckmann, Leiterin der bildenden Künste in der Berlinischen Galerie einige Aspekte der zwischengelagerten Exponate.
Dieser Beitrag erschien am 12.10.2022 bei „The Clubmap“.
Nachdem das Konzert, welches ursprünglich bereits im September 2020 stattfinden sollte, zweimal verschoben wurde, konnte es nun endlich stattfinden. Aller guten Dinge sind drei. Anlaß war das 30. Jubiläum ihres Albums „Seamsonsters“, welches 1991 unter der Katalognummer PL75012 auf RCA erschien. Dass es sich bei diesem, trotz sehr guter Songs, nicht um mein Lieblingsalbum handelt, ändert nichts daran, dass ich The Wedding Present für eine grandiose Liveband halte. Zuletzt habe ich sie 2010 gesehen, deshalb wurde es mal wieder Zeit für ein Update.
Was viele nicht wissen: Obwohl die Band eher mit subkulturellen Szenen, wie Indie-Pop bzw. C86 assoziiert wird, hat sie im Laufe ihres Bestehens 18 Singles in den UK Top 40 Charts platziert. Darunter waren allein 12 im Jahr 1992, als die Gruppe jeden Monat eine Single veröffentlichte. Eine Praxis, die sie bis heute gelegentlich wiederholt. Damit brach sie den Record von Elvis Presley, der bis 1992 die meisten Top-40 Hits in einem Jahr gehabt hatte.
Jubiläumstouren dieser Art sind seit einigen Jahren in Mode, was ich aufgrund der Tatsache, dass ich in der Blütezeit vieler meiner Lieblingsbands noch nicht im Konzertbesucher-Alter war, sehr begrüße. Es ist doch etwas anderes, die Stücke einmal live dargeboten zu hören. Schon von Beginn an, umgab diesen Auftritt die Stimmung des Besonderen. Den Überblick über die zahllosen Besetzungswechsel habe ich inzwischen verloren, aber solange David Gedge, der es sich nicht nehmen liess, auch dieses Mal eine Kostprobe seiner Deutschkenntnisse zu geben, anwesend ist weiss man, dass man auf dem richtigen Konzert ist.
Gedge wies das Publikum auch scherzhaft darauf hin, dass die Setlist von der Gitarristin erstellt wurde und eventuelle Beschwerden an sie zu richten seien. Das Album, welches in Gänze gespielt wurde, hat sich mir durch das Direkte noch einmal neu erschlossen und gefällt mir seither deutlich besser als vorher. Trotzdem nahm ich mit Freude zur Kenntnis, dass im Anschluss noch einige meiner persönlichen Favoriten, wie „Brassneck“, „Nobody’s Twisting Your Arm“ und „My Favourite Dress“ auf der Liste standen, weshalb es meinerseits keine Beschwerden gab. Im Gegenteil. Selbst David Gedge, der nicht für Gefühlsausbrüche bekannt ist meinte, dass das irgendwie ein magischer Abend war. Gut zusammengefasst.
Dieser Beitrag erschien am 12.10.2022 bei „The Clubmap“.
Als sich Superpunk im Jahr 2012 trennten, war ich als jemand, der auf vielen ihrer Konzerte zugegen war, erst einmal betrübt. Der letzte Auftritt in Berlin fand im alten Festsaal Kreuzberg statt, der leider kurz danach abbrannte. Als dann bekannt wurde, dass Carsten Friedrichs und Tim Jürgens mit der Liga der gewöhnlichen Gentlemen eine Nachfolgeband gegründet haben, die stilistisch anknüpft, drehte die Welt sich weiter. Zum zehnjährigen Jubiläum war die Band nun in Berlin. Es war der Nachholtermin für die ursprünglich am 30.12.2021 geplante Veranstaltung.
Als Vorgruppe waren die wiedervereinigten „Bärchen und die Milchbubis“ dabei. Wer sie nicht kennt: Es handelt sich dabei um eine 1979 gegründete Punk-/NDW-/Popgruppe, deren Songs „Jung kaputt spart Altersheime“ und „Tiefseefisch“ einer größeren Öffentlichkeit bekannt sein könnten. Ihr einziges Album „Dann macht es Bumm“ (Eine Anspielung auf das unfreiwillig komische Lied des Fußballers Gerd Müller von 1969.) veröffentliche die Gruppe 1981 auf dem Label „No Fun Records“, welches von Hans-A-Plast-Gitarrist Jens Meyer und dem Journalisten Hollow Skai gegründet wurde. Welch ein Programm!
Da ich 1981 sechs Jahre alt war, begeisterte mich die Möglichkeit, die erwähnte Stücke einmal live erleben zu können. Aus der Frühbesetzung sind noch Sängerin Annette Grotkasten und Bassist Kai Nungesser dabei. Am Schlagzeug der inzwischen zum Trio geschrumpften Band sitzt Markus Joseph (Ehemals Rotzkotz.). Ein wunderbares Erlebnis, welches lange im Gedächtnis bleiben wird. Zu einem Anfall spontaner Freude führte zudem die Coverversion „DNS“, von den 39 Clocks, einer schon lange nicht mehr existierenden Hannoveraner Gruppe, die bis heute in Japan eine große Zahl an Fans hat. Bärchen und die Milchbubis interpretierten das Stück bereits 1981 neu.
Eine eine aktuelle Einspielung befindet sich auf der Ende 2021 erschienenen Zusammenstellung „Endlich komplett betrunken“ des Labels Tapete Records, dessen Mitgründer Gunther Buskies (Der andere Gründer war Jeremy Days-Sänger Dirk Darmstädter, der 2013 ausstieg.) bei der Liga der gewöhnlichen Gentlemen als Keyboarder wirkt. Damit ist der Bogen zum Headliner des Abends geschlagen. Es fühlt sich so an, als habe sich die Gruppe erst kürzlich gegründet, denn die Euphorie über das, was man tut, welche bei vielen Bands irgendwann in Routine umschlägt, ist noch deutlich zu spüren.
Dem Anspruch, sechs Alben in einen Auftritt zu integrieren ist allein schon deshalb schwer gerecht zu werden, weil jeder andere persönliche Favoriten hat. Zu meinen gehört „Es ist nett, nett zu sein“, der direkt in der Anfangsphase gespielt wurde. Voran ging eine Diskussion zwischen Carsten Friedrichs, zu dessen Lieblingssongs er laut eigener Aussage ebenfalls gehört und Tim Jürgens darüber, ob er gut sei, oder nicht. Man muss dabei gewesen sein. Das Konzert war ein herrlicher Parforceritt durch eine Dekade Bandgeschichte. Die oben als Anspruch formulierte Aufgabe wurde mit Bravour gemeistert. Auf mindestens weitere zehn Jahre!
Dieser Text erschien am 02.08.2022 bei „The Clubmap“.