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Lola Marsh

Wegen COVID-19 wurde das Konzert von Lola Marsh in Berlin mehrmals verschoben, nun war es endlich soweit. Sechs Jahre ist es bereits her, dass ich die 2013 gegründete Band aus Tel Aviv bei einem fast intimen Showcase einer Plattenfirma zum ersten Mal sah. Seitdem hat sie eine beachtliche Karriere hingelegt und ist schon lange nicht mehr der Geheimtipp, als den ich sie kennengelernt habe. Gut so.

Der Abend im ausverkauften Heimathafen Neukölln begann mit dem Support Kayma. Die beiden sympathischen Herren mit Akustikgitarren und mehrstimmigen Gesang lösten Gedanken an die Everly Brothers oder Simon & Garfunkel aus. Später blitzen assoziativ noch die Beatles in ihrer besten Zeit auf. Musikalisch trotzdem eigenständig. Die Vorbilder waren dezent eingearbeitet.

Lola Marsh wurden mit frenetischem Jubel empfangen. Man merkte, dass die Menschen lange auf diesen Abend gewartet hatten. Die Gruppe wirkte nicht so, als hätte sie bereits 15 Konzerte hinter sich und war vom ersten Moment an in ihrem Element. Dargeboten wurde eine Mischung aus Hits wie „Wishing Girl“ und neueren Stücken, die keinen Deut schwächer waren. Das ist deshalb erwähnenswert, weil bei weitem nicht jede Band einen hohen musikalischen Standard dauerhaft halten kann. Zwischenzeitlich fühlte man sich an das Set eines DJs erinnert, der Lieder ineinander übergehen lässt und damit eine Fläche schafft, die den Zuhörer einwickelt und zum Teil des Ganzen macht. Dieses Gefühl wurde durch perfekten Sound verstärkt, der nicht zum ersten Mal die Notwendigkeit kompetenter Tontechniker bewies.

Hervorzuheben ist auch, dass bestimmte Formen der Einbeziehung des Publikums, die bei anderen Bands wie abgeschmackte Klischees und somit lächerlich wirken, hier authentisch waren. Wenn Sängerin Yael Shoshana Cohen wiederholt äußerte, wie sehr ihr der Abend gefalle, glaubte man ihr das. Wenn das Publikum zum Mitsingen aufgefordert wurde, war das weder bei ihr noch bei Gil Landau eine peinliche Rockstarpose. Als die Sängerin bei der Schilderung, wie die Gruppe die Coronazeit erlebt hatte, kurz von ihren Gefühlen übermannt wurde und sich abwenden musste, war das nicht aufgesetzt, auch wenn sie diese Geschichte sicher nicht zum ersten Mal vor Publikum erzählte. Es war insgesamt in Vergnügen die Interaktion der beiden zu beobachten. Der Gesamteindruck, dass die Bandmitglieder am vorletzten Abend der Tour noch nicht genug voneinander zu haben schienen, komplettierte das positive Bild.

Besser hätte mein erster Konzertbesuch nach der langen Coronapause nicht verlaufen können. Endlich geht es wieder los.

Dieser Artikel erschien am 15.05.2022 bei “The Clubmap”