Alle Artikel in: Kultur

Ride

Das Konzert von Ride im Februar 2020 war nicht nur der Auftakt meiner Tätigkeit für dieses Medium, es war auch eines der letzten Konzerte, die ich besuchte, bevor die Pandemie erst einmal alles lahmlegte. Nun war die Gruppe anlässlich des 30-jährigen Jubiläums ihres Albums „Nowhere“ erneut in der Stadt. Der Abend begann mit einer Überraschung während der Fahrt zum Veranstaltungsort: Ich schaute kurz auf mein Mobiltelefon und sah, dass Ride als erstes spielen würden. Gut, dass ich nicht zu den Menschen gehöre, die Vorgruppen regelmäßig ausfallen lassen. In dem Fall hätte ich den Auftritt nämlich verpasst. Die Band arbeitete sich leidenschaftlich durch ihr im Jahr 1990 erschienenes Debütalbum und bewies erneut die Zeitlosigkeit ihrer Songs, die nichts von ihrem Esprit verloren haben. Ob nun „Seagull“, „Paralysed“, „ChelseaGirl“, „Vapour Trail“ oder eben „Nowhere“: Diese Klassiker hätten gestern geschrieben worden sein können. Das altersmäßig überraschend diverse Publikum dankte es der Band mit einer Begeisterung, die selbst in Berlin ungewöhnlich ist. Viele der Zuschauer waren noch nicht geboren, als „Paralysed“ und andere Stücke den Soundtrack zu meiner heimlichen …

Aufbruch in die Moderne. Prominenz aus dem Stadtmuseum Berlin.

Seit dem 07.10.2022 sind in der Berlinischen Galerie zwölf Werke der klassischen Moderne als Leihgabe der Stiftung Berliner Stadtmuseum zu sehen. Die Bilder von Max Beckmann, Theo von Brockhusen, Lovis Corinth, Ernst Ludwig Kirchner, Walter Leistikow, Max Liebermann, Edvard Munch und Lesser Ury wurden in die Dauerausstellung „Kunst in Berlin 1880-1980“ integriert. Auf diese Weise sind sie während der Sanierungsarbeiten am Märkischen Museum, wegen derer das Stadtmuseum ab 2023 für voraussichtlich vier Jahre schließen wird, der Öffentlichkeit weiterhin zugänglich. Die Auswahl wurde von Thomas Köhler (Direktor Berlinische Galerie) und Paul Spies (Direktor Stadtmuseum Berlin) getroffen. Nach eigener Aussage war man sich schnell einig. Köhler betonte im Rahmen der Presseführung wie wichtig es sei, dass die Häuser einer Stadt ihre Ressourcen gemeinsam nutzen und wie gut die Sammlungen zusammenpassten. Paul Spies wies darauf hin, dass einige der diskutierten Stücke aus dem ehemaligen „Berlin Museum“ stammen, das sich bis 1995 in der Straße „Am Berlin Museum“ befand. Nur einen Steinwurf von der Berlinischen Galerie entfernt. Neben den beiden Direktoren erläuterte auch Christine Heckmann, Leiterin der bildenden Künste …

The Wedding Present

Nachdem das Konzert, welches ursprünglich bereits im September 2020 stattfinden sollte, zweimal verschoben wurde, konnte es nun endlich stattfinden. Aller guten Dinge sind drei. Anlaß war das 30. Jubiläum ihres Albums „Seamsonsters“, welches 1991 unter der Katalognummer PL75012 auf RCA erschien. Dass es sich bei diesem, trotz sehr guter Songs, nicht um mein Lieblingsalbum handelt, ändert nichts daran, dass ich The Wedding Present für eine grandiose Liveband halte. Zuletzt habe ich sie 2010 gesehen, deshalb wurde es mal wieder Zeit für ein Update. Was viele nicht wissen: Obwohl die Band eher mit subkulturellen Szenen, wie Indie-Pop bzw. C86 assoziiert wird, hat sie im Laufe ihres Bestehens 18 Singles in den UK Top 40 Charts platziert. Darunter waren allein 12 im Jahr 1992, als die Gruppe jeden Monat eine Single veröffentlichte. Eine Praxis, die sie bis heute gelegentlich wiederholt. Damit brach sie den Record von Elvis Presley, der bis 1992 die meisten Top-40 Hits in einem Jahr gehabt hatte. Jubiläumstouren dieser Art sind seit einigen Jahren in Mode, was ich aufgrund der Tatsache, dass ich in …

Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen

Als sich Superpunk im Jahr 2012 trennten, war ich als jemand, der auf vielen ihrer Konzerte zugegen war, erst einmal betrübt. Der letzte Auftritt in Berlin fand im alten Festsaal Kreuzberg statt, der leider kurz danach abbrannte. Als dann bekannt wurde, dass Carsten Friedrichs und Tim Jürgens mit der Liga der gewöhnlichen Gentlemen eine Nachfolgeband gegründet haben, die stilistisch anknüpft, drehte die Welt sich weiter. Zum zehnjährigen Jubiläum war die Band nun in Berlin. Es war der Nachholtermin für die ursprünglich am 30.12.2021 geplante Veranstaltung. Als Vorgruppe waren die wiedervereinigten „Bärchen und die Milchbubis“ dabei. Wer sie nicht kennt: Es handelt sich dabei um eine 1979 gegründete Punk-/NDW-/Popgruppe, deren Songs „Jung kaputt spart Altersheime“ und „Tiefseefisch“ einer größeren Öffentlichkeit bekannt sein könnten. Ihr einziges Album „Dann macht es Bumm“ (Eine Anspielung auf das unfreiwillig komische Lied des Fußballers Gerd Müller von 1969.) veröffentliche die Gruppe 1981 auf dem Label „No Fun Records“, welches von Hans-A-Plast-Gitarrist Jens Meyer und dem Journalisten Hollow Skai gegründet wurde. Welch ein Programm! Da ich 1981 sechs Jahre alt war, begeisterte …

Tempelhof Sounds

Im Jahr 2001 erschien mit „This It“ das hervorragende Debütalbum von The Strokes, welches gleichzeitig ein Startschuß war. Ich hatte mit der Platte damals beruflich zu tun und empfand sie als erfrischende Mischung aus The Sonics und The Velvet Underground. In der folgenden Zeit purzelte eine ähnliche Band nach der anderen in mein Bewusstsein und es formte sich die Gewissheit, es hier mit einem neuen Trend zu tun zu haben. Diese Gruppen klangen alle relativ gleich und ähnelten sich auch optisch. Mir fiel es immer schwer, sie auseinanderzuhalten, nur wenige blieben im Gedächtnis. Einige dafür umso nachhaltiger. Dazu gehörten neben den Strokes auch die Libertines, die ich besonders deshalb mochte, weil sie – im Gegensatz zur Mehrheit dieser Bands – eher von Punk als von Rock beeinflusst waren. Unvergessen auch lange, rauschhafte Nächte voller Freude darüber, dass nach Britpop Gitarrenmusik endlich wieder eine größere Öffentlichkeit erreichte. Vor und hinter DJ-Pulten feierte man ausgelassen auch das Nachrücken einer neuen Generation von Enthusiasten. Eine schöne, wenngleich kurze Phase. Als ich las, dass sowohl die Strokes als auch …

Lola Marsh

Wegen COVID-19 wurde das Konzert von Lola Marsh in Berlin mehrmals verschoben, nun war es endlich soweit. Sechs Jahre ist es bereits her, dass ich die 2013 gegründete Band aus Tel Aviv bei einem fast intimen Showcase einer Plattenfirma zum ersten Mal sah. Seitdem hat sie eine beachtliche Karriere hingelegt und ist schon lange nicht mehr der Geheimtipp, als den ich sie kennengelernt habe. Gut so. Der Abend im ausverkauften Heimathafen Neukölln begann mit dem Support Kayma. Die beiden sympathischen Herren mit Akustikgitarren und mehrstimmigen Gesang lösten Gedanken an die Everly Brothers oder Simon & Garfunkel aus. Später blitzen assoziativ noch die Beatles in ihrer besten Zeit auf. Musikalisch trotzdem eigenständig. Die Vorbilder waren dezent eingearbeitet. Lola Marsh wurden mit frenetischem Jubel empfangen. Man merkte, dass die Menschen lange auf diesen Abend gewartet hatten. Die Gruppe wirkte nicht so, als hätte sie bereits 15 Konzerte hinter sich und war vom ersten Moment an in ihrem Element. Dargeboten wurde eine Mischung aus Hits wie „Wishing Girl“ und neueren Stücken, die keinen Deut schwächer waren. Das ist …